Untertitel: Zwing dir selbst nichts auf, nur weil es gut sein soll
Ok, wenn ich schon in meinem ersten Ayurveda – Blog schreibe, dass es sich um Teil 1 handelt, muss zwangsläufig auch ein zweiter Teil folgen.
Über Ayurveda gibt es eigentlich viel zu schreiben. Das Herausfordernde für mich ist jedoch, dass es verständlich und leicht umzusetzen sein muss. Je tiefer man in die Materie eintaucht, desto komplexer wird es.
Sinnvoll ist es, sich vor Augen zu führen, dass Leben die Einheit von Körper, Sinnen sowie Verstand und der Seele ist.
Ziel der ayurvedischen Heilkunst ist die Vermeidung von ernsthaften Krankheiten
- indem versucht wird, den Auslöser der Erkrankung zu verstehen
- erste, unspezifische Anzeichen dafür zu erkennen
- die Grundlagen für den Ausbruch der Krankheit zu entziehen.
Insgesamt spielt die Ernährung und die eigene Lebensweise die entscheidende Rolle. Nur wenn diese Faktoren grundlegend Beachtung finden, ist es möglich, ungesunde Gewohnheiten aufzugeben.
Um dir weitere ayurvedische Tipps für deinen Alltag zu geben, muss du nicht zwangsläufig tiefer in die Theorie einsteigen. Dennoch möchte ich einige Dinge voranstellen, um so sich selbst gegenüber erklären zu können: Warum mache ich das eigentlich?
Doshas
Vielleicht hast du schon von Vata, Pitta und Kapha gehört.
Diese Begriffe bezeichnen die drei Doshas im Ayurveda. Dosha ist die Beschreibung in der alten indischen Sprache Sanskrit, die mit „Energiemuster“ umschrieben werden kann.
Wir werden mit all diesen Doshas geboren. Sie sind bei jedem unterschiedlich verteilt, wie ein DNA-Muster oder ein Fingerabdruck. Zudem hängt diese Verteilung noch von anderen Faktoren ab wie z.B. der Tageszeit, Jahreszeit oder anderen persönlichen Umständen. Machst du heute einen Selbsttest, kann die Zusammensetzung deiner Doshas morgen schon wieder anders aussehen. Das macht es so spannend.
Somit sind zwar alle drei Doshas in dir vorhanden, jedoch in unterschiedlichen Gewichtungen. Mal überwiegt eins, mal zwei dieser Energiemuster gemeinsam. Dies macht deine individuelle ayurvedische Konstitution aus.
In fast jeder Frauenzeitschrift gibt es einen Selbsttest, mit dem es dir angeblich möglich sein sollte herauszufinden, was für ein Energietyp du bist. Doch dies ist nur eine Momentaufnahme.
Ich möchte dir noch die Bedeutung der einzelnen Doshas näher bringen. Vielleicht bekommst du aufgrund dessen ein Idee, welche Doshas bei dir überwiegen.
Vata
So ist das Dosha Vata mit Wind umschreibbar. Vata umfasst alles, was kalt, trocken oder leicht ist. Auch Bewegungen werden durch Vata gesteuert. Vata hat einen Einfluss auf unser Nervensystem und Ausscheidungen werden durch diese Energieform angeregt. Bist du also immer in Bewegung und aktiv, fängst viele Dinge an und bringst sie nicht zu Ende oder kommst nicht zur Ruhe, bist du ein Vata – Typ. Das klingt ja nun alles ziemlich negativ. Vata-Menschen sind aber auch kreativ, ausdrucksvoll und sensibel.
Pitta
Pitta ist gleichzusetzen mit Feuer. Heißes, Nasses aber auch Brennbares sind hierunter einzuordnen. Unser Stoffwechsel wird durch Pitta reguliert, d.h. die Verdauung ist unmittelbar davon betroffen. Die Nahrung wird sozusagen im Verdauungsfeuer „Agni“ verbrannt. Bei diesem Typ ist „Agni“ sehr aktiv, was oftmals zu Durchfällen führt. Pitta-Typen haben zudem eine gute Durchblutung. Sind sind dynamisch und entschlossen, können jedoch auch aggressiv und eigensinnig sein.
Kapha
Zu guter Letzt gibt es noch den Begriff Kapha. Kapha steht für das Schwere und kalte Element. Kapha sorgt für Stabilität, Struktur aber auch Feuchtigkeit. Die typische Kapha-Mensch ist stämmig gebaut. Er hat eine schlechte Durchblutung. Sein Appetit ist regelmäßig aber sein Stoffwechsel doch träge. Menschen dieses Dosha-Typen leiden unter Feuchtigkeit und Wärme. Sie sind emotional, ruhig, zufrieden und verlässlich. Jedoch fällt ihnen das loslassen schwer.
So viel zu den Doshas und deren kurzer Beschreibung. Damit sind wir schon sehr in die ayurvedische Lehre eingestiegen und sollten schnell wieder zu den Tipps für deinen Alltag kommen. Vorweg schicken möchte ich, dass du diese Anregungen natürlich nicht alle eins zu eins umsetzen musst. Dies ist im Alltag auch nur schwerlich möglich. Aber vielleicht gelingt es dir, den ein oder anderen Hinweis zu befolgen und auszuprobieren, um zu sehen, welche Wirkung sich einstellt. Ist es angenehm, dann mach es öfter. Falls nicht, probiere etwas anderes aus. Darum geht es und nur so macht das meines Erachtens auch Sinn.
Tipps für dein ayurvedisches Leben
Nun kommen wird tatsächlich zu den Tipps:
- Hauptmahl mittags essen
Mittags ist dein Verdauungsfeuer am stärksten. Aus ayurvedischer Sicht ist es daher sinnvoll, zu diesem Zeitpunkt die Hauptmahlzeit des Tages zu sich zu nehmen. Dabei solltest du dich nicht völlig satt essen. Ein Drittel des Magens darf leer bleiben, d.h. dein Essen sollte ungefähr so groß sein wie zwei Handflächen. Es sollte kein Völlegefühl entstehen.
Und… iss nur, wenn du auch wirklich das Gefühl „Hunger“ hast. In unserer heutigen Wohlstandsgesellschaft und bei ständig verfügbaren Nahrungsmitteln, Snacks, Süßigkeiten, etc. ist dieses Gefühl sehr trügerisch. Ist es Hunger oder nur Appetit auf etwas Süßes? Um dies herauszufiltern, kann ein Glas warmes Wasser Wunder wirken. Wenn dieses Gefühl „Hunger“ danach immer noch um die Ecke guckt, könnte es tatsächlich sein, dass du etwas essen solltest.
Dieses Essen darfst du genießen…im Sitzen. Nimm dir Zeit dafür und würdige diese Nahrungsmittel. Langsam kauen (20 mal pro Bissen) hilft zudem und du wirst schneller satt.
Essen to go oder mal eben eine Stulle zwischen Tür und Angel sind ungünstig. Ja ich weiß, manchmal denkt man, es geht nicht anders. Auch ich muss mich dazu bekennen, dass ich immer mal wieder gern, stehend in der Küche, ein Stück Käsekuchen verschlinge (:-) grins), bevor ich zum nächsten Termin hetze.
Übrigens kann warmes Essen dein Körper aus energetischen Aspekten heraus gesehen viel besser verarbeiten als Kaltes. Das Verdauungsfeuer muss nicht so aktiv sein, wenn dein Essen schon eine bestimmte Temperatur hat. So verhält es sich auch mit Getränken. Viel warmes Wasser ist förderlich für deine Verdauung und dein Wohlgefühl. Probiere es mal aus. Gerade morgens ist dein Magen dankbar für zwei Gläser warmes Wasser, bevor er mit dir in den Alltag startet.
2. Frische Lebensmittel
Eigentlich ist es schon eine Selbstverständlichkeit, dass frische Lebensmittel verarbeitet werden sollten. So weißt du, was in die Pfanne kommt und kannst den Salz – oder Zuckergehalt selber beeinflussen. Sind diese Lebensmittel dazu noch regional, bekommst du 3 Sternchen in dein Hausaufgabenheft. Außerdem freut sich der Bauer in deiner Nähe, wenn du von ihm direkt deine Kartoffeln, Karotten oder Eier kaufst. Alle anderen Vorteile erspare ich mir an dieser Stelle, das würde eindeutig den Rahmen sprengen. Also Dosenfutter und Fertigmahlzeiten passen mal so gar nicht in dieses Konzept.
3. Obst ist eine eigenständige Mahlzeit
Ayurvedisch gesehen sollte man Obst nicht mit anderen Lebensmitteln kombinieren, sondern diese als eigenständige Mahlzeit betrachten und zu sich nehmen. Obst ist für unser Verdauungssystem schwer zu verarbeiten, so dass weitere Lebensmittel dazu führen würden, diesen Prozess zu verlangsamen und zu erschweren.
4. Letzte Mahlzeit des Tages
Damit dein Körper in die nächtliche Ruhepause (die er nicht wirklich macht, denn nachts laufen weiterhin diverse Stoffwechselprozesse etc. ab) gehen kann, wird im Ayurveda dazu geraten, die letzte Mahlzeit des Tages nicht nach 19:30 Uhr zu essen. Und jeder weiß, wie es sich anfühlt, nach dem Verschlingen eines XL – Hamburgers ins Bett zu gehen. Die Nacht ist dann meistens eher unruhig und nicht wirklich erholsam.
5. Kaffee
Grundsätzlich untersagt Ayurveda dir nicht, deinen morgendlichen Kaffee zu trinken. Dein Kaffeegenuss sollte sich jedoch in Maßen halten. Auch hierzu brauche ich keine Ausführungen mehr zu machen, es liegt auf der Hand. Und hierin eingeschlossen sind auch schwarzer und grüner Tee sowie aber auch Matchatee (der weitaus mehr Koffein enthält als Kaffee). Klar enthalten diese Getränke viele gesunde Wirkstoffe, aber die Wirkung von Koffein bzw. Teingehalt wird zumeist unterschätzt.
6. Gewürze
Natürlich gibt es das ein oder andere Gewürz, das deinen Körper gut unterstützt, um z.B. ein Dosha anzuregen oder etwas zu bremsen.
So wirken frischer Ingwer, Kurkuma, bestimmte Pfeffersorten (z.B. langer Pfeffer) und Senfkörner fördern für deine Verdauung. Hast du jedoch eine sehr gut funktionierende Verdauung (z.B. bei einem Vita-Typ) könnte dies auch negative Auswirkungen haben.
7. Abendliche Rituale
Um nach der letzten Mahlzeit den Körper auf die Nacht vorzubereiten, ist Entspannung ein wesentlicher Aspekt. So wirkt ein abendlicher Spaziergang, ein warmes Bad oder das Schmökern in einem Buch Wunder. Mit diesen Eindrücken kommst du schneller in den Nachtmodus und dein Schlaf wird eine neue Qualität erfahren.
Fernsehschauen, laute Musik und sonstige aufregende Dinge sind kontraproduktiv und führen dazu, dass sich deine Gedanken in der horizontalen Lage immer wieder aufbäumen und dein Schlaf unruhig wird.
An dieser Stelle möchte ich auch erwähnen, dass sich dein Körper über kleine Pausen in deinem Tagesablauf sehr freuen wird. Ich denke über das Thema Pausen im Alltag ist ein Artikel überfällig.
8. Auch das noch
Begibt man sich in eine ayurvedische Behandlung (z.B. eine Panchakarma-Kur) so wird für den Arzt deine Ausscheidungen von besonderem Interesse sein. Anhand der Konsistenz, der Farbe und Häufigkeit kann dieser u.a. Rückschlüsse auf deine Stoffwechselvorgänge ziehen. Du selbst solltest dies im alltäglichen Leben ebenfalls im Blick haben. Allein an der Farbe des eigenen Urins kann man beurteilen, ob man ausreichend getrunken hat. Ist dieser von hellgelber Farbe sollte dies ausreichend der Fall sein. Ein Rat dieser altindischen Lehre besagt zudem, dass du natürliche Vorgänge im Körper nicht zurückhalten solltest.
Drück dir „etwas“ auf die Blase, so kommen diesem Bedürfnis nach, um dein Gleichgewicht in dem System Körper wieder ins Lot zu bringen. Und auch ein herzhaftes Gähnen kann manchmal Wunder bewirken. Übrigens ist sich die Wissenschaft noch nicht so ganz einig, warum wir gähnen. Dachte man früher, dass dadurch vermehr Sauerstoff ins Gehirn geflutet wird, so halten es Chasmologen (Wissenschaftler, die das Gähnen erforschen) für wahrscheinlicher, dass mit einem beherzten Gähnen die Temperatur des Gehirns reguliert wird. Also lass den Löwen in dir raus!
Fazit
So genug schlaue Tipps, wie Du ayurvedisch gesehen dein Leben optimieren kannst. Es ist Zeit für ein Fazit.
Aus Sicht der Yogis ist dein Körper ein Tempel. Diesen Tempel gilt es gut zu hüten und zu schützen, damit die Seele auch Lust hat, darin zu wohnen. Und jeder Tempel ist nunmal anders, so dass sich jeder diese unterschiedlichen Tipps auf die ein oder andere Art auswirkt. Du musst also deine eigenen Pflege – und Baumaßnahmen durchführen, um die Wohnqualität für deine Seele hoch zu halten. Probiere es aus.
Ach ja, Yoga gehört natürlich auch dazu und ergänzt dein Konzept um ein Vielfaches.
Nun bist du dran. In diesem Sinne wünsche ich dir viel Spaß beim Ausprobieren.
Namaste
Dein Michael