Das Wandern ist des Müller’s Lust …
…aber nicht nur des Müller’s. Auch des Hahnloser’s oder wie sie sonst noch alle so heißen. Das Wandern hat sich auf Platz sieben der beliebtesten Freizeitbeschäftigungen in Deutschland gemausert. Wer hätte das gedacht.
Und ich dachte, das ist nur etwas, wenn ich alt und in Rente gegangen bin. Dafür bin ich noch viel zu jung. Natürlich geh ich nicht wandern. Doch weit gefehlt. Mein Denkapparat hat diesbezüglich offensichtlich eine Veränderung erlebt, sodass ich jetzt sagen kann: Wandern ist genial!
Wenn die Gelegenheit da ist, packe ich meinen Rucksack und eine kleine Tagesration an Verpflegung, entstaube die Wanderschuhe und falle am liebsten von der Haustür direkt auf die Wanderroute.
Ein grobes Ziel im Blick und schon geht es los.
Dieses Umdenken hat sich in den letzten Jahren entwickelt. Einige Allgäu – Urlaube und eine 4‑Tages-Pilgertour nach Fulda haben ihr Übriges dazu getan. Die ersten mächtigen Muskelkater nach einem solchen „Spaziergang“ haben mir endgültig gezeigt, dass Wandern von der körperlichen Seite nicht zu unterschätzen ist. Da habe ich die mentale und psychische noch gar nicht angesprochen. Wandern ist etwas für Körper, Geist und Seele.
Körperliche Wirkung:
Um einen kurzen Überblick hinsichtlich der bravourösen Auswirkungen des Wanderns darzustellen:
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Aufbau von Muskulatur
- Es lässt sich zumeist am Tag danach erahnen, welchen Muskeln gearbeitet haben. Neben Beinen, Gesäß und Rücken sind beim Einsatz von Wanderstöcken auch Arme und Schultern involviert.
- Gelenke, Sehnen und Bänder freuen sich über die Belastung und über den Aufbau von Muskeln, da sie dadurch entlastet werden.
- Eine wunderbare Verletzungsprophylaxe, wenn ich mal ans Alter denke (und damit habe ich mir das Thema auch gleich mal wieder selbst um die Ohren geschlagen).
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Herz-Kreislauf
- Die lange, gleichmäßige und moderate Belastung stärkt dein Herz-Kreislaufsystem ungemein. Dein Herz wird dir nach jeder Wanderung eine kleine Dankeskarte schicken und dich damit belohnen, sodass du im Alltag merken wirst, dass dir das Treppensteigen in die Zahnarztpraxis und den Kurzsprint zur S‑Bahn-Haltestelle leichter fallen wird.
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Lunge/ Atmen:
- Oh ja, das haben wenige auf dem Zettel. Doch ein solches Unternehmen ist perfekt dafür geeignet, um deine Lungen mit frischem Sauerstoff zu füllen. Damit dies zum Erfolg führt, sollte die Atmung entspannt über deine Nase durchgeführt werden. Hier nimmt die Ausatmung einen wichtigen Stellenwert ein. Erst wenn du vollständig ausgeatmet hast, kann der Sauerstoff, der in deinem Körper ankommt, durch deine Zellen aufgenommen und verarbeitet werden. Damit steigt deine Leistungsfähigkeit und du wirst ein neues Wandererlebnis 2.0 erfahren. Anfangs wird es etwas ungewohnt sein – gerade beim ersten Berg – doch nach und nach willst du gar nicht mehr über den Mund atmen. Warum auch, der ist letztendlich zur Nahrungsaufnahme gedacht.
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Psyche/ mentaler Aspekt:
- Wie heißt es so schön: Wandern macht den Kopf frei. Und tatsächlich habe ich das Gefühl, dass so viele Gedanken bei diesem langen Gehen aufkommen und wieder gehen. Unnütze Gedanken verfliegen und gute bleiben hängen. Nach der Wanderung fühlt es sich so an, als ob ich gerade meinen Kleiderschrank ausgemistet hätte. Zudem kommt mir beim Wandern regelmäßig eine tolle Idee in den Kopf, der ich in den Tagen danach nachgehe.
- Das dürfte an den Glückshormonen/ Endorphinen liegen, die ausgeschüttet werden. Und natürlich spielen sich im Gehirn Prozesse ab, die dafür sorgen, dass hier wieder alles etwas geordnet wird und bestimmte Regionen z.B. der Hippocampus wachsen können. Damit ist Wandern auch Training fürs Gehirn.
- Eine Wanderung, bei der nur das eigene ICH in Begleitung ist, hat einen meditativen Charakter und schult die Achtsamkeit. Der Blick öffnet sich. Ja selbst die Pausen-Banane schmeckt plötzlich anders.
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Seele und Geist:
- Diese Wirkung lässt sich nach einer Wanderung gut erspüren. Tagelang danach strömt ein Gefühl von Freiheit durch meinen Körper. Selbstbestimmtheit und ein inneres Grinsen begleiten diese Emotionen.
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Augen:
- Allein schon die Tatsache digitalen Detox ist es Wert, auf eine kleine Reise zu gehen. Denn das Handy sollte im Rucksack sicher verstaut sein. Die Augen freuen sich über diese Entlastung und sind dankbar, Natur und Ferne zu erblicken. Ein 10-minütiger Blick in die Ferne ist ein tolles Augentraining. Unsere Augen werden von vielen Muskeln gesteuert, die trainiert werden können. Durch ein regelmäßiges Augentraining ist es möglich, den Besuch beim Optiker hinauszuzögern. Also, Augen auf und los.
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Stressabbau:
- Neben den hormonellen Vorgängen im Körper tanken wir Sonnenlicht auf, was dazu führt, dass unser Körper Vitamin D herstellt. Dieses Vitamin brauchen wir für viele Stoffwechselvorgänge, u.a. für die Muskulatur und unser Immunsystem.
- Und je länger wir draußen in der Natur sind, desto größer wird der Abstand zum Alltag und der täglichen Sorgen im Leben. Der Parasympathikus wird aktiviert und ein Entspannungsprozess kann einsetzen. Das Gefühl, gestresst zu sein, schwindet mehr und mehr.
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Schlaf:
- Irgendwie erklärt es sich fast von selbst, dass all diese Prozesse, die beim Wandern in uns angestossen werden, eine positive Wirkung auf unsere Schlafqualität haben müssen. Ein besseres und gesünderes Schlafmittel kann es gar nicht geben.
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Abnehmen:
- Natürlich braucht unsere Muskulatur beim Wandern Energie. Wie viel, ist ganz individuell und hängt von vielen Faktoren ab. Neben den eigenen körperlichen Voraussetzungen spielt natürlich auch die Belastung an sich (wie anspruchsvoll ist das Gelände, wie hoch ist mein Tempo, etc.) eine entscheidende Rolle. Als groben Anhalt können ca. 300 verbrannte kcal pro Stunde genannt werden. Das ist der „kleine“ Nebeneffekt.
Fazit:
Insgesamt spielen beim Wandern sehr viele Aspekte eine Rolle. Keiner davon ist negativ. Ganz im Gegenteil. Nach dem Lesen dieser Zeilen und der Erkenntnis, was eine Wanderung in dem eigener Körper und Kopf auslöst, kann die Lust auf diese Bewegungsform so gestiegen sein, dass die Füße anfangen zu kribbeln und die erste Wanderung im Kopf Formen annimmt.
Und bist du dir noch unsicher, ob dein Körper zum Wandern bestimmt ist, frag vorher deinen Arzt. Ich kann mir vorstellen, was dein Arzt sagen wird.
Tipp:
Bereite deine Wanderung etwas vor, dann hast du mehr Spaß. Eine sinnvoll ausgewählte Strecke, passende Kleidung und ein kleiner Rucksack mit Proviant, der deiner körperlichen Hochleistungsmaschine wieder Power gibt, machen schon Sinn.
Mir bleibt da nur noch, dir viel Spaß zu wünschen. Mach ein paar schöne Fotos von deiner Heldentat, damit du auch später noch deine Glücksgefühlproduktion ins Unermessliche steigern kannst. Und natürlich als Beweis für die Kritiker, die dir das nicht zugetraut haben.
… also alle Müller’s und Nicht-Müller’s… raus mit euch in die Natur und erlebt was.
Viele wanderhafte Grüße
Dein Michael